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Musik aus Österreich

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Peter und der ganz und gar andere Herr Wolf

von Gerhard Stöger
Robert und Peter Wolf sind das ungleichste Geschwisterpaar, das es im österreichischen Pop gibt.

Der eine arbeitet als Briefträger, lebt in Wien und gilt – zumindest in einer Fußnote der heimischen Popgeschichte – als Legende. Der andere lässt sich mit Millionen verkaufter Tonträger als erfolgreichster österreichischer Unterhaltungsmusiker weltweit auf die Schulter klopfen. Die beiden Wolfs eint aber nicht nur ihr Name, sondern auch das eiserne Festhalten an der Vergangenheit. Peter Wolf, einst Keyboarder in Frank Zappas Band und neuerdings Träger des „Großen Ehrenkreuzes der Republik Österreich für Kunst und Kultur“, steht für eine klar formatierte Welt des aalglatten Mainstreamsounds, der im hausfrauengerechten Siebziger- und Achtzigerjahre-Radio zu Hause ist. Weil ihm der Erfolg aber häufig recht gab, steht Wolfs Name auf Platten von Starship, Heart, Santana, Chicago, den Scorpions und vielen anderen.

Sie erinnern sich vielleicht an den stets leicht desorientiert wirkenden Tiroler Jungstudenten Michael Tschuggnall, der sich als Starmania-Gewinner als Nachwuchsschlagersänger versuchte? Gewonnen hatte er mit der harmlosen, zur Pianobegleitung vorgetragenen Ballade „Tears of Happiness“, die Wolf kurze Zeit später mit Popgrößen längst vergangener Tage (Leo „When I Need You“ Sayer sang im Chor, Totos Steve Lukather zupfte die Gitarre) professionell aufnahm. Das Ergebnis – Platz drei der heimischen Singlecharts im letzten Jahr – war weder gut noch schlecht. Es war schlichtweg eine Karikatur, die einiges aussagt über den Zustand kommerziell erfolgreicher Popmusik in Österreich.

Mit „The Other Side“ liegt jetzt ein neues Soloalbum von Peter Wolf vor, das ihn mit teilweise für die Linzer Klangwolke entstandenen Klassik- und Jazzaufnahmen wieder einmal als ernsthaften Künstler ausweisen soll. „Like Pelé and Beckenbauer Peter Wolf has the finesse, style, elegance and the magical touch to ‚score’ goals in any musical field“, lässt er sich von Sergio Mendes in den Linernotes Honig ums Maul schmieren. De facto sind die sechzehn spektakulär kitschigen Stücke ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie viel heiße Luft in einer Stunde Musik Platz findet.

Heiße Luft war Robert Wolfs Sache nie. Als Gitarrist und Sänger der Gruppe Chuzpe zählte er unter dem Namen Robert Räudig zur ersten Wiener Punkgeneration; frühe Chuzpe-Stücke – allen voran die Hippieabrechnung „Beislanarchie“ – zählen zum Besten, das je in Österreich produziert wurde. 1980 hatte die zahmer gewordene Band mit einer Coverversion des Joy-Division-Stücks „Love Will Tear Us Apart“ einen Ö3-Hit; 1982 folgte ihre einzige richtige Langspielplatte „1000 Takte Tanz“, eines der interessantesten Dokumente österreichischer New-Wave-Kultur. Ihr Labelboss hieß übrigens Markus Spiegel, der sich gut zwei Jahrzehnte später als Seelentrost spendender Fernsehpfarrer bei Starmania versuchen sollte; als musikalischer Berater half Thomas Rabitsch, der später fürs Starmania-Karaoke das Playback produzierte.

Seit einigen Jahren nennt sich Wolf wieder Robert Räudig und betreibt mit drei Kollegen das Nostalgieunternehmen Chuzpe77, das seinem Legendenstatuts zwar nichts Gutes tut, ihm selbst aber dem Vernehmen nach großen Spaß bereitet. Kürzlich haben Chuzpe77 eine CD mit Neueinspielungen alter Stücke veröffentlicht. Die Musik auf „Revisited“ leidet leider hörbar unter der Metal-Leidenschaft des Gitarristen und des Schlagzeugers.

Gekostet hat die Produktion 3600 Euro. Die Erstauflage beträgt dreihundert Stück – und selbst die werden sich wohl nur durch ein Wunder verkaufen. Schade. Denn selbst wenn Chuzpe77 heute als Zombieformation daherkommen, steckt letztlich mehr Leben in ihnen als in manch anderer heimischer Produktion. In Peter Wolfs „The Other Side“ zum Beispiel.


Bisher erschienene Kolumnen von Gerhard Stöger finden Sie hier.



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